Der Pamir Highway verläuft zum grössten Teil im Staate Tadschikistan. Es ist nicht etwa eine Autobahn sondern hat seinen Namen von der Streckenführung durchs Pamirgebirge. Mit Ausblicken weit in die brachiale Bergwelt des Hindukusch, Afghanistans, Pakistan und China hinein. Zunächst dem Fluss Pandsch folgend, der auch die Grenze zu Afghanistan bildet. Dann ab Khorog, auf konstant 4000 Meter hinauf, mit mehreren Pässen. Der höchste über 4600 Meter. Ab Murghab in der Nähe der chinesischen Grenze verlaufend, nach Sary Tash und schliesslich Osh in Kirgistan. Von der früheren Sovietunion als Versorgungsstrasse zum Schutz dieser Aussengrenze angelegt. Im Tal sorgt der Pandsch für eine nahezu unüberwindliche Grenze. Im Hochland zu China hin, verläuft entlang der Strasse ein Sperrzaun mit Patrouillenweg, um nichterlaubten Übertritt zu verhindern. Um den Pamir zu fahren, brauchts übrigens eine Genehmigung. Das GBAO-Permit. Darum wird gleichzeitig mit dem Visum angesucht.
In der Hauptstadt Tadschikistans, Dushanbe, im Green-Hostel, Treffpunkt vieler Pamirfahrer, trafen wir auf andere Reisende. Radfahrer, Backbacker, Camper, Motorradfahrer. Die Einen wollten den Pamir machen – Die Anderen kommen von da, haben ihn aus der anderen Richtung gemacht. Die ihn schon hinter sich haben sind natürlich gefragte Gesprächspartner. Am Abend sind alle zusammengesessen und so kam man zu Infos aus erster Hand.
Wir hören dass die gelbe, niederer klassifizierte Strasse in besseren Zustand sei wie die rot eingezeichnete – dass die Benzinversorgung durchwegs gewährleistet sei, überall Unterkunftsmöglichkeiten bestehen, dass es auch zu zweit auf einem Moto problemlos möglich sei.
Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg. Von Dushanbe durch weite Ebenen und immer wieder Bergrücken mit niederen Pässen, die zu überwinden sind.
Flimmernde Hitze begleitet uns bis Kulyab und weiter.
Der Afghanez, ein trocken-heisser, oft stürmischer Wind bläst uns entgegen. Aus der sommerlich überhitzten Ebene steigen immer wieder in Mini-Wirbelstürmen Staubsäulen auf.
Auf Schritt und Tritt begleiten einen in Tadschikistan Werbetafeln, Fassadenverkleidungen, überdimensionale Plakatwände, die nur ein Thema kennen: Emomali Rachmon, den Diktator der Tadschikistan seit 25 Jahren regiert. Rachmon ist überall. Als Militär in Prachtuniform, als Agrarexperte wie er Baumwolle prüft, als Arzt wie er Patienten umsorgt.
Kurz nach Shuroabad erreichen wir den Pandsch. Ein imposanter Fluss den hier eine schwer bewachte Brücke überspannt. Ein Strassenschild verkündet, hier hinüber gehts nach Afghanistan.
Die Strasse folgt dem Tal durch tolle Landschaft. Auf der anderen Seite des Flusses ist Afghanistan. Immer wieder Dörfer. Bauern die ihre Felder bestellen. Auch dort verläuft eine Strasse, wennauch eine viel schmälere als auf unserer Seite.
Rasch kommen wir voran. Das also soll der Pamir sein? 20 Kilometer vor Kalakhum dann wendet sich das Blatt. Ende Asphalt und schluss mit lustig. Das war ein kleiner Vorgeschmack, denn am nächsten Tag gings so weiter. Mal schlecht, mal sehr schlecht, dann wieder ein paar Kilometer gut. Für die 240 Kilometer nach Korog benötigten wir an Fahrzeit rund 8 Stunden.
Landschaftlich ein Hammer!
Immer dem Pandsch entlang. Bald ist das Tal etwas breiter, dann fliesst der Fluss behäbig dahin, bald wieder schmal, dass das afghanische Ufer zum Greifen nahe scheint.
Wo es ganz schmal wird, ist die Trasse aus den Felswänden gehauen. Über dir 1000 Meter Gestein wo jederzeit etwas herunterbrechen kann, seitlich unter dir der wildtosende Pandsch. Und wenn dann noch ein dicker Brummer entgegenkommt, hältst für einen Moment die Luft an.
Ja, auch LKW mit Anhänger befahren die Strecke. Auch ein Linienbus verkehrt. Na, dann wirds mit dem Motorrad ja wohl auch gehen!
Erstaunlich viele Radfahrer bewältigen den Pamir. Meist junge Leute. Tels zu mehreren, teils auch alleine. Hut ab vor deren Leistung! Manchmal halten wir an und wechseln ein paar Worte. Ein junges Pärchen ist von Deutschland aufgebrochen und will nach Shanghai zu Verwandten. Valentina aus dem Trentino ist alleine unterwegs und ist schon den weiten Weg von Tokio hergefahren. Andere wieder machen “nur” den Pamir.
Wir kommen hier bei strahlend schönem Wetter durch.
Bei Regen oder gar Unwetter ist es hier lebensgefährlich. Steinschlag! Gar Bergsturzgefahr!
Rechtzeitig, bevors dunkel wird erreichen wir Korog. Von hier aus werden Tagesausflüge hinüber nach Afghanistan angeboten.
Machen wir nicht. Wir wollen weiter. Das Pandsch-Tal verlassen wir jetzt und es geht eine Hochebene hinauf. Wir kommen durch Hirtendörfer. Hier haben sie überall Herdenhunde. Die rennen wild bellend und furchterregend daher, dass man unwillkürlich die Beine anhebt.
Wie kommen die Radfahrer an den geifernden Bestien vorbei?
Irgendeinmal überschreiten wir 4000 Meter und es geht immer noch aufwärts. Die vergletscherten Berge überragen die Hochebene um ein gutes Stück. Die sind weit über 5000 Meter hoch.
Auf dem ersten Pass dann erreichen wir 4280 Meter. Danach kaum abwärts. Es geht hunderte Kilometer da oben dahin. Kaum einmal dass die Garmin unter 4000 anzeigt.
Gut dass wir schönes Wetter haben und auch kein Umschwung in Sicht. Bei einem Wettersturz da oben…
Über lange Strecken keine Menschenseele. Immer wenn man meint, so, bald gehts hinunter ins Tal, ists nur ein flacher Pass. Selten ein Hirtendorf mit Homestay.
In Murgab gibts ein Hotel. Daran kommen wir zu früh vorbei, sodass wir beschliessen weiterzufahren. Gegen Abend erreichen wir eine Ansammlung Hütten. Mehrere davon Homestays. Gerne machen wir von dieser Möglichkeit der Unterbringung nicht Gebrauch.
Plumskloo im Freien – Dusche, was soll das sein? – Wifi, nein, wozu? Ist ja kein Netz hier! Aber hier gehts nicht anders.
Am nächsten Tag gehts gleich weiter. Immer in grosser Höhe dahin.
Fernlaster, meist im Konvoi um sich zu helfen, kriechen über die manchmal extrem verworfene Strasse dahin. Ich staune mehrmals wie die das nur schaffen. Eine Panne haben die oft.
Einmal ist da die Beanspruchung durch die extreme Strassenbeschaffenheit. Mit dem Moto kann man die meisten Stellen umfahren. Sie müssen da aber durch.
Zum anderen mal, weil die meisten von ihnen, niedergefahrene LKW sind, die von unseren oder japanischen Spediteuren ausgemustert wurden.
So, dieser Pass jetzt ist der höchste. 4600 Meter.
Immer wenn die Trasse in die Nähe der Chinesischen Grenze verläuft, säumt ein massiver Stacheldrahtzaun mit Kontrollgang die Strasse.
Gegen Nachmittag kommt der tiefblaue Karakol-See in Sicht.
Das tiefblau wird vom weiss der gewaltigen Gletscher des Pamir noch verstärkt. Einer von denen sollte der Peak Lenin sein, mit über 7000 Metern Höhe.
Brauche wiedereinmal Benzin. In einem Dorf am See werde ich schnell fündig. Der Inhalt eines 10-Liter-Kanister gluckst in den Tank der BMW. Wenn den brauchst, fragst nicht nach dem Preis. So teuer wie bei uns kann er gar nicht sein!
Ein Motorrad kommt uns entgegen. Wir halten an. Ein junger Bursche aus Südkorea. Er ist mit der Fähre ins gegenüberliegende Wladivostock und jetzt auf dem Weg nach Europa. Machs gut! Bye.
Zur Grenze nach Kirgistan müssen wir noch einen Pass hinauf. Hinten hinunter muss es von uns unbemerkt kurz geregnet haben. Jedenfalls rinnen von überall schlammige Bächlein über die Strasse und es ist teils sehr rutschig und abwärts nicht einfach zu fahren – geschweige hinauf. Schon hat eine Mure die Strasse verlegt und ein bereitstehender Bagger ist beim räumen. In dem Moment bekommt man eine Kostprobe serviert, was es heisst den Pamir bei schlechtem Wetter anzugehen.
Also ich habe verstanden!
Die Grenze Tadschikistan/Kirgistan passieren wir problemlos. In Sary Tash waren wir schon mal, damals auf der Erkundungstour. In einem anderen Homestay wie damals nehmen wir Quartier. Hier hats wenigstens warmes Wasser aus dem Eimer. Je 10 Liter teilt uns die Hausfrau zu.
Die Weiterfahrt bis Osh gestaltet sich auf guter Strasse recht einfach. Einen Pass hinauf, dahinter hinunter in ein Tal, wieder einen Pass hinauf und draussen in der hitzeflimmernden Ebene, unter den zwei Bergkegeln liegt Osh ausgebreitet.
So werdens die Karawanen seinerzeit, nach den anstrengenden Pass-Etappen von Kaschgar her (heute China), über Tash Rabat, der alten Karawanserei in den Bergen, auch gesehen und sehnlich erwartet haben.
Das war der Pamir-Highway.
Bei schönem Wetter eine mehrtägige Spazierfahrt.
Bei schlechtem Wetter hingegen eine gefährliche Strasse.
Nichts für schwache Nerven!
Comments (1)
Hallo Ihr Weltreisende, wir sind jedesmal tief beeindruckt von Euren Taten! Dann weiterhin eine erlebnisreiche und unfallfreie Fahrt.Eure Thomas und Gabi
Comments are closed.