Die Fähre hob und senkte sich im wilden Seegang der Meerenge von Gibraltar, …weg von all unseren Sehnsüchten und Träumen.
Langsam versinkt Afrika mit seinen Menschen hinter uns.
Vor uns das anständige Europa, das aufgeräumte Europa.
Europäischer Boden. Algeciras, Ronda, Madrid.
Nach Barcelona der erste Regen seit Monaten.
Wo im Gepäck befindet sich das Regenzeug?
Wie schnell jetzt alles geht! Was sind schon 1000 Kilometer gegen die wochenlange Fahrt durch Sibirien? Immer wieder schieben wir einen Tag Pause ein. Die Rückkehr noch etwas hinauszögern.
Der Costa Brava in Catalonien, abgelöst von der französischen Côte d’Azur entlang. Darauf folgt die Riviera und schon sind wir in Italien.
Genua und nach Überwindung eines Alpenausläufers, die eintönige Poebene.
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Den Gasgriff habe ich mit der Stellschraube bei 100 KmH festgeklemmt. Gedankenverloren nehme ich das kernige Brummen des Motors war. Der komplexe Zusammenklang von vielen Einzelgeräuschen. 70 Explosionen pro Sekunde, Kolben die auf und ab gedrückt werden, Nocken auf Stössel, Stössel auf Kipphebel, auf Ventile, auf Kurbelwellen, auf Zahnräder – alles in rasender Bewegung – verwunderlich dass es eine Minute lang funktionieren kann.
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Oft habe ich auf langen, eintönigen Strecken Zwiegespräche mit meiner Maschine geführt, höre und spüre in sie hinein. Läuft alles rund? Ist da ein verdächtiger Ton, ein ungewohntes Geräusch, klappert etwas? Dann habe ich ihr versprochen: „Wenn du durchhältst und uns wieder nach Hause bringst, kriegst einen Ehrenplatz in der Garage – wenn nicht… bleibst du zurück und wir reisen ohne dich weiter.“
Oder, wenn ich sie einen Pass hinauf scheuchte, zog ich oben angekommen, manchmal mit den Zähnen einen Handschuh aus, langte hinunter und befühlte die Aluminiumrippen eines Zylinders. Die Temperatur ist in Ordnung – zu warm um die Hand draufzulassen, aber nicht so heiss dass man sich verbrennt.
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Die Räder drehen sich unermüdlich weiter, unserem Leitmotiv, Richtung Osten zu. Unerbittlich schlucken sie die Mittelstreifen und tragen uns der Heimat entgegen.
Bedeutete „nach Osten“ am Anfang der Reise weg von Zuhause, bedeutet es jetzt nach bald voller Umrundung der Erde, hin nach Hause.
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Wovon darf man noch träumen wenn man die Welt mit dem Motorrad umfahren hat?
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In Gedanken kehre ich zurück in die Weiten der zentralasiatischen Steppe – zu den gespenstisch leuchtenden Flammen über den Gasfeldern Kasachstans die in den unendlich hohen Nachthimmel lodern — dem erlösenden, in der Ferne schimmernden Lichtlein der Raststation Dinur – zur hitzeglühenden Karakum-Wüste – in die eisigen Höhen des Pamirgebirges — an den Anfang der Reise, die Abfahrt von zuhause vor über einem Jahr.
Ausser den nächsten Angehörigen und ein paar Freunden hatten wir damals niemanden über das Ziel unserer Reise, um die Welt fahren zu wollen, eingeweiht. Aufbrechen um die Erde zu umrunden und womöglich in Serbien schon scheitern…
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Wehmut nimmt Überhand über die Freude nach über einem Jahr nach Hause zu kommen. In einer guten Stunde könnten wir daheim sein… ein Wegweiser zum Gardasee… in Torbole bleiben wir nocheinmal für einen Tag.
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In Trient sind wir mit einem Freund auf einen Caffé verabredet. Das erste bekannte Gesicht auf der Heimreise.
Das Lokal ist gut besucht. Kunden die an Tischen im Freien etwas einnehmen, rauchen, am Tresen trinken. Gelangweilte Gesichter.
Ein Handy klingelt, sicher eine wichtige Nachricht…
Ein Idiot braucht GPS um seinen Weg durch die Welt zu finden.
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Wir brechen auf, fahren weiter, vorbei an Salurn und damit auf Südtiroler Boden. Ausfahrt Bozen Süd. Wir fahren durch die Stadt, wechseln auf die Landstrasse.
Kaum etwas hat sich verändert in unserer Abwesenheit.
Wir sind auf der Zielgeraden.
Abgefahren am 1. Mai 2018
Zurückgekommen am 27. Mai 2019
Comments (1)
Hallo Ihr Lieben,
schön, dass Ihr nach Eurer Traumreise wieder heil und gesund daheim gelandet seid. Wir erinnern uns gern an unser zufälliges Kennenlernen letztes Jahr in Australien und an das nette Gespräch, aus dem zumindest ein Mail-Kontakt geworden ist.
Gewöhnt Euch langsam wieder ein und wer weiß, vielleicht sieht man sich bald mal wieder irgendwo auf der Welt.
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