Komm, wir fahren hinüber zum indischen Ozean!
Nur mit den Badesachen machen wir uns auf den Weg. Eigentlich wollten wir früh los, bis wir aber wirklich aufgesessen waren, war es 9 Uhr. Unser Ziel – Bushehr am Persischen Golf.
Durch eine großartige Landschaft im gleißenden Licht der Vormittagssonne gilt es die Ausläufer des Zagrosgebirges zu überwinden.
Zunächst geht’s einem Tal entlang leicht bergan. Die Strasse ist, wie die meisten hier im Iran, 4spurig ausgebaut. In dieser kargen Landschaft ist Grundverbrauch kein Thema. 2 Spuren in die eine Richtung, 2 in die andere. Manchmal verläuft die Trasse parallel, manchmal aber ist die Gegenfahrbahn so weit entfernt dass man sie nicht einmal sieht. Eine komplett andere Trassenführung. Mir fällt ein, dass wir im Falle einer Panne nichts dabeihätten. Wird schon nichts sein. Also, großartige Landschaft, kaum Orte zu durchfahren mit den famosen Schwellen, die auch iranische Fahrer ins Schritttempo zwingen. Wehe man übersieht eine! Da knallt die Federung bis in den Anschlag.
Wir fahren mit dem Verkehrsfluss mit. Lastwagen überholen wir, Personenwagen nur die langsamen.
Eher werden wir überholt. Um Material und Reifen zu schonen halte ich mich an knapp 100 km/h.
Aus den Autos winken sie uns zu, so gut wie jeder hupt zum Gruß. An einer langen Geraden schließt ein Renault auf, mit vier jungen Burschen drin. Die haben Spaß. Aus den geöffneten Fenstern dringt laute Musik, einer fordert uns durch die Schneller-Geste zu einem Duell heraus. Ich tue ihnen den Gefallen, drehe kurz am Gas. Dann holen sie wieder auf, überholen, johlen übermütig, ich wieder etwas Gas und so geht’s eine Weile dahin. Irgendwann habe ich keine Lust mehr und lasse sie vorbei. Als sie uns überholen filmt einer mit dem Handy und ihren Gesten nach, glauben sie doch tatsächlich sie hätten im Duell die Oberhand behalten. Nein, das geht jetzt wirklich nicht! Wie bestellt geht die Strasse in einer langen Geraden in eine Steigung über. Ein Schild verkündet 10%. Es ist schon zu erkennen dass dem Renault die Luft ausgeht. Jetzt werde ich euch zeigen wo der Bartl den Most holt! Ich lasse mich 100 Meter zurückfallen, schalte vom 6. in den 4. Gang zurück und gebe Gas. Die BMW brüllt auf, beschleunigt trotz der Steigung locker auf 150 km/h. Ganz nahe an den offenen Autofenstern ziehe ich sie mit Höllenlärm an ihnen vorbei. Hoffentlich hat er mitgefilmt. Erst oben, als es wieder flach wird und ich längst wieder nur mehr um die 100 fahre, kommen sie wieder nach. Winken, schreien, die Gut-Geste, hat Spaß gemacht. Ja, uns auch!
Wir erreichen Kazerun, eine größere Kreisstadt. Müssten mal tanken. An der ersten Tanke halte ich an, der Tankwart hält die offenen Hände leicht von sich, das Bedauere-Zeichen. Er hat keinen Benzin. An der nächsten und übernächsten Tankstelle dasselbe, kein Benzin. Das kann jetzt aber spannend werden! Nach einer Weile des Herumirrens kommen uns 2 Burschen auf einem Motorrad zu Hilfe. Sie fahren voraus und zeigen uns eine Tankstelle mit einer langen Reihe von Fahrzeugen davor, die offensichtlich Treibstoff hat. Mit einer Hand nach oben zeigend, mit der anderen Luft fächelnd, es hat 38 Grad, zeige ich den Wartenden an – wir in der prallen Sonne, ihr im klimatisierten Auto, lasst uns bitte vor – reihe ich mich fast ganz vorne ein. Das funktioniert in unseren Breiten immer. Hier auch. Keiner murrt, keiner hupt. Erst als Roswitha fragt ob ich glaube dass da einer ein Auto mit Klima hätte, wird mir mein Verhalten ein bisschen peinlich. Und jetzt winkt uns auch noch der Tankwart zwischen den verbliebenen Autos durch und wir kommen sofort dran. Ich drehe mich zu den Wartenden um, lege die Hand auf die Brust und verbeuge mich zu ihnen hin. Danke!
Weiter geht’s in ein schroffes Gebirge hinein. Hier wächst kein Halm mehr. Umso erstaunlicher dass im Talgrund ein Bach rinnt. Immer wieder Tunnels. Mit und ohne Beleuchtung. Die Kurvenradien für uns total ungewohnt. Auch die Iraner fahren hier mit aller Vorsicht.
Als wir den Gebirgszug überwunden haben und es auf der anderen Seite zum Golf hin in eine Art Salzwüste hinabgeht, klettert das Thermometer im Cockpit Grad um Grad. 42, 43, 44, 45, 46. Könnte bitte jemand die Heizung zurückstellen. Flasche um Flasche Wasser verwandeln wir in Schweiß, der, wie er austritt auch schon wegtrocknet. Den Persian-Gulf-Highway fahren wir entlang. Oasen mit Dattelpalmen säumen die Straße, dann wieder Salzwüste. Aus einem überholenden Auto winkt uns vom Beifahrersitz eine Frau zu. Wir winken zurück und schließen wieder auf. Ich bleibe auf ihrer Höhe. Jetzt kurbelt sie das Fenster herunter und filmt mit dem Phone. Ich nähere mich ganz vorsichtig an und strecke ihr die Hand entgegen, so nah, dass ich das Handy fast berühre. Sie ist begeistert! Wir bekommen eine Kusshand zugeworfen.
Da, eine Herde Kamele. Der Fahrtwind wie ein heißer Strahl aus dem Haartrockner, dem man nicht ausweichen kann. Wer lebt denn hier? Wie kann man da überleben?
In Meeresnähe wird’s wieder erträglicher. In Bushehr, angenehmer Wind der vom Meer herweht, erträgliche 38 Grad. An einem Strandbad halten wir an und begeben uns an den Strand. Die Hand ins Wasser halten, den Indischen Ozean spüren, deswegen sind wir hergefahren.
Die Badegäste, sei es die am Strand wie auch die im Wasser sind alle voll bekleidet. Auch die Männer.
Eigentlich wollte ich auch hineinspringen, aber so? Die Badesachen bleiben eingepackt. Nach einer guten Stunde relax besteigen wir wieder das Motorrad und auf der gleichen Strecke wie wir gekommen sind kehren wir zurück. Die großartige Landschaft diesmal im Lichte der Spätnachmittagssonne. Phantastisch! Knapp vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder in Shiraz.
Was man an einem Tag alles erleben kann!
Weiter geht’s wieder im Kapitel Iran.
Comments (3)
liebe roswitha,lieber alex,
es ist für mich jedesmal etwas ganz besonderes wenn ich eure reiseberichte lese! ich sitze hier in den tiroler bergen und bin ganz tief mit dabei auf eurer reise,wirklich wörtlich zu nehmen TRAUMHAFT. manchmal bin ich auch ein wenig beängstigt,und es ist immer spannend!
alles gute euch beiden!!!
Hallo Ihr 2,
wie es aussieht, habt ihr euch im Iran schon gut eingelebt – freuen uns schon auf den nächsten Bericht.
Weiterhin gute Reise!
Danke Christian und Ines,
mit Euren Tips sind wir gut unterwegs!
Neulich ÜBER den Kandovanpass, gestern im Alamuttal bei den Asassinen.
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